Es ist höchste Zeit, die verkrustete Theaterlandschaft aufzubrechen: Zur Kandidatur von Lisa Jopt für den GDBA-Vorsitz.

Wir als FAU Betriebsgruppe am Theater Plauen-Zwickau befürworten die Kandidatur von Lisa Jopt für den GDBA-Vorsitz (1). Die GDBA ist die Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger, sie vertritt Theaterschaffende und ist die größte sozialpartnerschaftlich ausgelegte Gewerkschaft im Theaterbereich (2). Lisa Jopt ist die Vorsitzende des Esemblenetzwerkes, welches eine bessere Organisierung und Solidarität unter Theaterschaffenden anstrebt (3).

Lisa Jopt bezeichnet ihre Vision als Modernisierungagenda, im Video für ihre Kandidatur beschreibt sie eine Reihe von Misständen in den Arbeitsbedingungen. Ein großer Punkt ist die schlechte Bezahlung von Schauspieler*innen bzw. Theaterbeschäftigten generell, das Fehlen einer Gagentabelle im NV Bühne (4) und die damit verbundene Förderung nach einer Mindestgage von 3000 € brutto für alle Festangestellten. Außerdem kritisiert sie Personalmangel und Arbeitsverdichtung, so haben in den letzten 30 Jahren 50% weniger Künstler*Innen 50% mehr Produktionen umgesetzt! Ebenso beschreibt sie die Problematik der Befristungspraxis im Normalvertrag. Das bedeutet, dass Theaterbeschäftigte, die dem NV Bühne unterliegen, in der Regel jedes Jahr ihre Verträge neu verhandeln müssen und somit keine Planungssicherheit haben sowie der Wilkür der Intendanz ausgesetzt sind.
Für diese Probleme macht Lisa Jopt verschiedene progressive Vorschläge. Sie fordert einen Schutz vor Nichtverlängerung bei Elternzeit sowie die Streichung des Nichtverlängerungsgrundes Intendantenwechsel. Mehrere Forderungen entstammen einer feministischen Perspektive, zum Beispiel die Zahlung eines Ausgleiches für Kinderbetreuungskosten. Besonders Eltern, die am Theater beschäftigt sind, müssen durch ihre Arbeitszeiten externe Kinderbetreuung in Anspruch nehmen. Aus unserer Sicht ist diese Forderung branchenübergreifend nötig!
Des Weiteren bringt sie zehn so genannte Impulse für die Reform der Struktur der GDBA ein. Einige dieser Impulse könnten eine Basisdemokratisierung der GDBA bedeuten – wie zum Beispiel die Einrichtung eines Rates der Jüngsten und eines Rates der Ältesten, die Schaffung von „Departments“ (Branchen- und Expert*innengruppen) und die Einrichtung eines jährlichen Branchentreffs für alle Mitglieder. Weitere Impulse beabsichtigen die Öffnung der GDBA z.B. für Nicht-Muttersprachler*innen und Menschen mit marginalisierten Perspektiven (z.b Migrant*Innen, People of Color und queere Personen). Für eine tatsächliche Basisdemokratisierung wäre es allerdings nötig, den neu geschaffenen Räten und Gremien nicht nur eine beratende Funktion einzuräumen, sondern tatsächliche Mitbestimmungs- und Entscheidungsgewalt zu geben.
Wir finden die Forderungen von Lisa Jopt wichtig und unterstützenswert, stellen uns aber die Frage, ob sich diese Forderungen in einer hierarchischen Organisation wie der GDBA umsetzen lassen. Wir würden dies aber als beispielhaften Fortschritt für alle Beschäftigten sehen.
Sicherlich könnte man aus klassenkämpferischen Sicht mit einigen Forderungen noch weiter gehen. Zum Beispiel sollte die Befristungspraxis vollständig hinterfragt werden, die generelle Unterfinanzierung des Theaterbetriebes beendet werden und die Einführung verbindlicher Personaluntergrenzen in allen Bereichen gefordert werden! Weitere Visionen könnten die gemeinschaftliche Organisierung aller Theaterschaffenden (vor und hinter dem Vorhang) in einer Basisgewerkschaft, die basisdemokratische Organisierung des Theaterbetriebs selbst (5), und ein Einheitslohn für alle Beschäftigten unabhängig ihrer formellen Qualifikation sein. Um aber die Bedingungen realpolitisch zu thematisierten und einen Veränderungsprozess anzustoßen, rufen wir alle GDBA-Mitglieder auf, die Kandidatur von Lisa Jopt aktiv zu unterstützen!


(1) https://lisajopt.de/, Video: https://www.youtube.com/watch?v=U2rbfRJgIPs
(2) www.buehnengenossenschaft.de, seit 1985 ist die GDBA nicht mehr Teil des DGB.
(3) www.ensemble-netzwerk.de
(4) https://www.theater-betriebsrat.de/Bilder/NV_Buehne2011.pdf
(5) zum Beispiel: https://www.deutschlandfunkkultur.de/machtstrukturen-im-theater-die-alleinherrschaft-der.1013.de.html?dram:article_id=494118 , https://www.facebook.com/events/432760717998850/

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