Nachdem die Weimarer Restaurantkette ‚Gruppo Giancarlo‘ in der Vergangenheit aufgrund baurechtlicher und veranstaltungsrechtlicher Probleme auffällig war, dringen nun arbeitsrechtliche Missstände ans Tageslicht. Neben den in der Gastronomie üblichen Verstößen u.a. gegen das Arbeitszeitgesetz leben die meist migrantischen Angestellten in extremer Abhängigkeit vom Arbeitsverhältnis und sind so der Willkür der Bosse ausgesetzt. Mehrere portugiesische Arbeiter*innen haben sich jetzt innerhalb der FAU Jena organisiert.
In einem konkreten Fall wurde eine Angestellte fristlos gefeuert, nachdem sie nach dem ihr zustehenden Trinkgeld gefragt hatte. Die FAU Jena geht nun mit gewerkschaftlichen und juristischen Mitteln gegen die Kündigung vor. Im Zusammenhang damit kommt es am 6. August zur Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht Erfurt. Im Zuge der Auseinandersetzung sind weitere Missstände sichtbar geworden.
Die migrantischen Arbeiter*innen, überwiegend aus Portugal, Rumänien und Polen, werden direkt in ihren Herkunftsländern angeworben und in Wohnungen untergebracht, welche von der Restaurantkette selbst angemietet werden. Mit dem Arbeitsvertrag wird ein einseitiger Mietvertrag mit dem Arbeitgeber unterschrieben und die Miete wird direkt vom Lohn abgezogen. Bei oben genannter Kündigung des Arbeitsverhältnisses ging damit zugleich die Aufforderung einher, die Wohnung innerhalb von vier Tagen zu verlassen. Die Kollegin wurde wegen ihrer legitimen Forderung also im wahrsten Sinne des Wortes unvermittelt auf die Straße gesetzt.
Darüber hinaus berichten Angestellte, dass sie in den Sommermonaten teilweise bis zu vierzehn Stunden täglich arbeiten müssen und dies bis zu zehn Tage am Stück. Das ihnen zustehende Trinkgeld werde teilweise einbehalten. Löhne liegen teils unter dem Mindestlohn und würden willkürlich gekürzt. Bei Beschwerden werde ihnen mit sofortiger Entlassung gedroht. Dadurch, dass viele der dort Angestellten in Wohnungen leben, die direkt an den Arbeitsplatz gebunden sind, werde zusätzlich Druck ausgeübt. Ferner seien die Wohnverhältnisse in den angemieteten Appartments aufgrund von Überbelegungen schlecht.
Die FAU Jena unterstützt die sich organisierenden migrantischen Arbeiter*innen im Kampf um ihre Rechte und gegen die ausbeuterischen Verhältnisse in der Weimarer Gastronomie. Schon im Frühsommer 2018 hat die FAU Jena ein gerichtliches Mahnverfahren gegen das Restaurant Dal Pescatore, ehemals verbandelt mit der Giancarlo Gruppe, eingeleitet. Einem ebenfalls portugiesischen Arbeiter war dort für anderthalb Monate Arbeit der Lohn vorenthalten worden.
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