In Jena scheint die Stadtverwaltung die Coronakrise nutzen zu wollen, um auf Kosten der Erzieher*innen der Kitas in freier Trägerschaft Geld zu sparen. Sie habe den freien Trägern gegenüber angekündigt, dass sie ihnen aufgrund der Kita-Schließungen die Mitteln kürzen wolle. Die Erzieher*innen sollen dann stattdessen Kurzarbeitergeld erhalten, was einer Gehaltskürzung von bis zu 40% gleichkäme, bzw. gegebenenfalls von der Kommune aufgestocktes Kurzarbeitergeld, was bedeuten würde, dass die Stadt sich auf Kosten der Erzieher*innen und Arbeitsagentur gesundstößt.
Kolleg*innen in den Betrieben berichten, dass ihre Arbeitgeber*innen sie teilweise richtiggehend gedrängt haben, schon jetzt Vereinbarungen zu unterzeichnen, die nicht nur jetzt die Anordnung von Kurzarbeit ermöglichen, sondern die Verträge so ändern, dass Arbeitgeber*innen künftig ohne Zustimmung des Arbeiter*innen einseitig Kurzarbeit anordnen können.
Diese Maßnahme empört die Erzieher*innen aus vier Gründen besonders:
- In der Öffentlichkeit wird derzeit viel Respekt und Dank für systemrelevante Berufe geäußert, was angesichts solcher Maßnahmen die reinste Heuchelei ist.
- Das Land Thüringen hat angekündigt, den Landesanteil an den Zuschüssen für die Kitas weiterzuzahlen und die ab April ausfallenden Elternbeiträge zu übernehmen, und die Stadt hat die Zuschüsse für die freien Träger eigentlich fest im Budget eingeplant. Trotz dessen will die Stadt Jena weiter Gelder streichen und Kurzarbeit anordnen lassen.
- Es ist außerdem eine Willkürmaßnahme, da die Stadt nur die freien Träger unter Druck setzt und die eigenen, kommunal beschäftigten Erzieher*innen voll weiterbezahlen will und keine Änderung der Arbeitsverträge anstrebt. Doch die Erzieher*innen in den freien Trägern arbeiten genauso wie die kommunal beschäftigten in der Notbetreuung oder im Home Office weiter.
- In Kitas fehlt es schon jetzt an qualifiziertem Personal und mit der Wiedereröffnung der Kitas mit kleineren Gruppen wird es sogar noch mehr Erzieher*innen brauchen. Das Personal sollte also gerade jetzt wertgeschätzt und gehalten werden.
Eine gewerkschaftlich organisierte Erzieherin aus Jena, die anonym bleiben möchte, meint dazu: „Was mich aufregt, ist: Der Markt ist leer und qualifizierte Erzieherinnen werden gesucht. Statt ihnen jetzt die Wertschätzung zu geben, die sie ja angeblich verdienen, zumal wir ja auf Arbeit auch einem großen Infektionsrisiko ausgesetzt sind, sollen nun unsere Arbeitsverhältnisse verschlechtert werden. Das finde ich eine Unverschämtheit.“
Die Pläne der Stadt zeigen auch, dass der Versuch, die Kosten der Coronakrise auf die arbeitende Klasse abzuwälzen, schon jetzt im vollen Gange ist. Das betrifft nicht nur die Erzieher*innen freier Träger in Jena. Die GEW berichtet, dass viele Städte in ganz Deutschland die Zuschüsse kürzen wollen und das auch für die Jugendhilfe und Sozialarbeit. Deshalb sollten auch wir schon jetzt die Erzieher*innen im Widerstand gegen die Kurzarbeit unterstützen.
Ideen dafür gibt es viele:
- Meldet euch als Erzieher*innen bei eurer Gewerkschaft, tut euch mit den Kolleg*innen zusammen und sprecht ein gemeinsames Vorgehen ab.
- Meldet euch bei der Stadt Jena und bei eurer Kita und unterstützt die Forderung nach Weiterbezahlung in voller Höhe.
- Sprecht mit den Erzieher*innen eurer Kinder oder aus euerm Umfeld, redet und vernetzt euch mit euren Kolleg*innen, tretet Gewerkschaften bei.
FAU Jena, 21. April 2020