Die studentische Prüfungsberatung des Studierendenrats (StuRa) der Uni Jena wird künftig deutlich schlechter. Durch den vom StuRa am 14.05.2019 beschlossenen Kooperationsvertrag mit dem Studierendenwerk werden Umfang und Inhalt der Prüfungsberatung ab 2020 stark eingeschränkt. Zudem schafft der StuRa zwei tarifgebundene Stellen ab und ersetzt sie durch einen Honoraranwalt. Es handelt sich damit um eine neoliberale Reform zulasten sowohl der Studierenden als auch der Beschäftigten des StuRa.
Einschränkung des Beratungsumfangs
Die bestehende Prüfungsberatungsstelle für die Studierenden in Bachelor–/Master–/Diplom– und Magisterstudiengängen und jene für Staatsexamen sind für die FSU mit einem Budget von 13 Wochenstunden ausgestattet, wovon sieben Stunden die Sprechzeit ausmachen. Mit dem beschlossenen Kooperationsvertrags wird das Stundenbudget auf sieben anwaltliche Beratungsstunden in der Woche reduziert. Weitere Stunden zur Vor- und Nachbearbeitung und zur weiteren Unterstützung oder gar das Verfassen von Schreiben sind nicht vorgesehen. Darüber hinaus soll das Angebot nur in 30 von 52 Wochen im Jahr verfügbar sein. Dies entspricht einer Kürzung um fast zwei Drittel der bisher insgesamt vorgesehenen Stunden.
Einschränkung des Beratungsinhalts
Weiterhin wird der Inhalt der Beratung eingeschränkt. Die Prüfungsberatung in ihrer jetzigen Form ist keine reine Erstberatung, sondern umfasst auch die weitere Unterstützung z.B. Hilfe beim Schreiben von Anträgen und Widersprüchen. Der Vertrag mit dem Studierendenwerk sieht nun vor, dass der schon jetzt für das Studierendenwerk tätige Anwalt lediglich sein Erstberatungsangebot um Prüfungsfragen erweitert. Alles weitere werden die hilfesuchenden Studierenden künftig alleine zu bewältigen haben oder sie müssen die Rechtsvertretung aller Wahrscheinlichkeit nach bezahlen.
Eine neoliberale Maßnahme gegen die StuRa-Beschäftigten…
Der Beschluss des Kooperationsvertrags ist eine wichtige Etappe in der vom StuRa angestrebten neoliberalen Umstrukturierung der Prüfungsberatung hin zu einem outgesourcten und eingeschränkten Angebot. So zeigt sich der StuRa politischen Forderungen gegenüber willfährig, die ohne tragfähige Begründung die Personalkosten als zu hoch deklarieren und einen Personalkostenabbau fordern, wenn sie nicht wie der Landesrechnungshof gleich die Studierendenschaften selbst in Frage gestellt haben.
Dieses Vorhaben wiederum spielt sich vor einem anhaltenden Arbeitskonflikt mit den StuRa-Beschäftigten ab. Seit Mai 2018, also seit über einem Jahr, ist der StuRa gesetzlich dazu verpflichtet, seine Beschäftigten nach dem Landestarifvertrag TV-L zu bezahlen. Die entsprechende Lohnerhöhung wird trotz wiederholter Forderungen seitens der Beschäftigten seit nun mehr als einem Jahr noch immer nicht gezahlt. In diesem Rahmen ist außerdem eine der zwei Prüfungsberatungsstellen bereits seit Monaten unbesetzt. Dass die Umstrukturierung gerade den aktuell beschäftigten Prüfungsberater trifft, der sich auch als Gewerkschafter für die Interessen der StuRa-Beschäftigten engagiert, überrascht vor diesem Hintergrund nicht.
…in einem undemokratischen Verfahren durchgesetzt
Die StuRa-Fraktionen, die sich die Umstrukturierung auf die Fahnen geschrieben haben, nutzen alle zur Verfügung stehenden Machtmittel. Sie haben nicht nur in der entscheidenden StuRa-Sitzung jeden wirklichen Kompromiss verweigert und die Diskussion mit Geschäftsordnungsanträgen erstickt. Auch das einzige Zugeständnis, nämlich dass der Umstruktierungsprozess von einer AG bestehend aus allen Beteiligten begleitet werden soll, haben sie untergraben. Der Entwurf zum Kooperationsvertrag wurde in einer eiligst zusammenberufenen AG-Sitzung erarbeitet, an der weder der Prüfungsberater, noch das Studierendenwerk oder der StuRa der TU Chemnitz teilnehmen konnten.
Verhindern wir die neoliberale Umstrukturierung der Prüfungsberatung!
Wir, die Bildungssektion der FAU Jena, kritisieren als Basisgewerkschaft an der Uni Jena aus Perspektive der StuRa-Beschäftigten, aber auch der Studierendenschaft diese Entwicklung, da sie zu Lasten der StuRa-Beschäftigten und aller Studierenden geht. Ein wichtiges Unterstützungsangebot für die Studierenden gegen die Zumutungen der Uni-Verwaltung wird eingeschränkt. Damit nützt der StuRa der Uni-Verwaltung und schadet den studentischen Interessen und der Interessenvertretungsarbeit allgemein.
Wir fordern den Studierendenrat dazu auf, die tarifgebundenen Stellen zu erhalten und für eine umfassende und gute Prüfungsberatung für alle Studierenden der Uni Jena zu sorgen! Wir laden ebenfalls alle dazu ein, mit uns Kontakt aufzunehmen, die am Erhalt der Prüfungsberatung interessiert sind und mit uns dafür sorgen wollen, dass die Umstrukturierung nicht wie geplant stattfinden kann.
Bildungssektion der FAU Jena, den 20.06.2019